Montag, 6. Mai 2013

Lösungsvorschlag Schuli

Erwartungshorizont „Norway today“
a) Inhalt
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um einen Auszug des Theaterstücks „norway today“ von Igor Bauersima aus dem Jahr 2000. Die Szene stellt die Exposition dar und stellt die beiden Protagonisten Julie und August vor und führt in die Handlung ein. In einem Chatroom sucht Julie, einen Gleichgesinnten, mit dem sie gemeinsam den Freitod suchen will. Nach einer Beschreibung, warum sie sich umbringen will, meldet sich August. Er ist vom Leben enttäuscht und sieht es als „unwirklich“ an, sodass er fest entschlossen ist, sich ihr anzuschließen. Anfangs misstraut sie ihm und lehnt ihn ab, doch im Lauf der Szene nähern sich die Beiden an. Julie hat zwar einen Plan, wie sie Selbstmord begehen will, doch verrät sie ihm diesen nicht aus Angst, dass andere Chat-Teilnehmer Maßnahmen einleiten könnten, um diesen Selbstmordversuch zu verhindern. Das Misstrauen von Julie wird gegen Ende der Szene langsam zerstreut, weil August Verständnis für die Ernsthaftigkeit ihrer Selbstmordabsicht zeigt und der Abschluss des Selbstmordpaktes deutet sich an.

b) Charakterisierung der beiden Protagonisten
JULIE:
·         Julies Aussehen: dunkle Haare, „wie Nathalie Wood vor dem Ertrinken“
·         Julie tritt selbstbewusst, entschlossen, sicher auf > im Gespräch ist sie die dominante Person, die Augusts Suizidabsichten prüft und hinterfragt. Sie hat auch den höheren Redeanteil. Julie fragt provokant und offen nach einem Menschen, der mit ihr in den Tod gehen will
·         einsam > sie stellt fest, dass man immer allein ist bei den Entscheidungen, die man treffen muss und kritisiert emotionale Bindungen zu anderen Menschen
·         sieht das Leben als sinnlos an > sie konstatiert, dass es zu viele negativen Seiten im Leben gibt (Umweltverschmutzung, Krankheiten)
·         Suizid als „höchster Akt des Lebensvollzugs“ > viele Menschen sind in Beziehungen und daher sich gegenseitig verpflichtet. Julie sieht diese Verpflichtung negativ
·         will keine Rolle spielen > möchte in kein Schema gepresst werden und keine Erwartungen erfüllen müssen
·         misstrauisch August und auch anderen Chattern gegenüber > spricht nicht über die Modalitäten des Selbstmordes aus Angst, dass jemand versucht diesen zu verhindern.
·         fühlt sich August überlegen und sicher > sie betitelt ihn als „Anfänger“, gibt sich sehr professionell und abgeklärt
·         Impulsgeberin für den Suizid > sie geht in Aktion und sucht öffentlich nach einem Partner, der mit ihr in den Tod geht
·         GLOBALCHARAKTERISIERUNG: selbstbewusste, junge Frau, die durch ihren Tod ein Zeichen setzen will und die kein Teil dieser „sinnlosen“ Gesellschaft sein will.

AUGUST:
·         pessimistisch, depressive Grundstimmung
·         verzweifelt am Leben > das Leben ist schräg und ein „Fake“
·         nihilistische Weltanschauung > nichts fühlen ist für ihn das beste und wichtigste Gefühl, das er haben kann
·         findet sich selbst mutig > da die meisten User zu feige sind, sich umzubringen
·         fasziniert von Julie, die wirklich in den Tod gehen will
·         unsicher >  reagiert immer nur auf Julie
·         übertreibt > erzählt von Suizidversuchen, die allerdings nicht glaubwürdig sind
·         unterlegen > weiß oft nicht, was er antworten soll, wird von Julie herablassend als „Anfänger“ bezeichnet
·         GLOBALCHARAKTERISIERUNG: unsicherer Jugendlicher, der keine „Lebendigkeit“ fühlt und von der Grundstimmung her eher negativ eingestellt ist.

c) Stellungnahme
1. nachvollziehbar, da Selbstmordankündigung Hilfeschrei – weniger nachvollziehbar, da lediglich Androhung des Suizids – allgemeiner Verlust von Privatsphäre gerade bei jungen Menschen tendenziell keine Besonderheit

  1. verantwortungsvoll, da Literatur Realität abbilden soll  - wenig verantwortungsvoll, da Nachahmer animiert werden – Einfluss von Literatur auf Individuen eher gering
1. Ich-Erzählerin bedauert Scheitern der Mutter-Tochter-Beziehung
2. Ich-Erzählerin scheint generell beziehungsunfähig (siehe Gustav)
3. Schuldaspekt des Scheiterns – Mutter oder Tochter?





Erwartungshorizont „Unverhoffter Besuch“
a)
- Kurzgeschichte von Helga Königsdorf, erschienen 1991 (Diesterweg-Verlag, Frankfurt am Main) in „Jugend in Deutschland- Ost und West“
- junge Erwachsene namens Britt besucht überraschend ihre Mutter, dieser Besuch wird aus Sicht der Mutter wiedergegeben und der Leser erhält einen Einblick in die jeweiligen Charaktere bzw. in die Beziehung zwischen den beiden
Kurze Inhaltsangabe:
An einem Freitagabend taucht Britt unangemeldet bei ihrer Mutter auf, die daraufhin ihrer eigentlichen Verabredung mit ihrem Freund Gustav absagen muss.
- Mutter versucht ihre Unsicherheit zu überspielen, indem sie sich mit Nebensächlichkeiten beschäftigt, und Britt tritt überlegen auf.
- Nachdem Britts Vater telefonisch von dem Besuch unterrichtet worden ist, sitzen die beiden beieinander und mustern sich.
- Es wird deutlich, dass beide grundverschieden sind und doch einander auf die ein oder andere Weise beneiden.
- Im Gegensatz zu ihrer Mutter, die ihr Leben sehr strukturiert und erfolgsorientiert geplant hat, hält Britt wenig von Organisation und hat noch keine konkreten Zukunftspläne. Allerdings will sie sich ein eigenes, selbstbestimmtes Leben aufbauen.
- Das unerwartete Auftauchen Gustavs bewirkt eine Wendung des Geschehens.
- Die vorherrschende Distanz zwischen Mutter und Tochter wird aufgehoben und die beiden zeigen ihre Gefühle füreinander.

b) Charakterisierung Ich-Erzählerin
- gepflegtes Äußeres (vgl. Z. 25)
- braucht ein geregeltes, geplantes Leben (vgl. Z. 47ff., „Lebensplan“ etc.) -> unerwartete Ereignisse verunsichern sie
- unsicheres Auftreten, Angst Fehler zu machen (siehe Tochter) -> „wie oft habe ich Gespräche falsch begonnen“ (Z. 7) -> will perfekt sein, muss aber einsehen, dass sie das nicht ist bzw. sein kann
-  Angst vor Einsamkeit -> Sie will „es immer allen recht machen“ (Z. 20), aus der Angst heraus „ausgeschlossen zu sein“ (Z. 42) und [a]llein zu bleiben (Z. 42). -> doch mit zunehmendem Erfolg ist auch die Versagensangst gestiegen (vgl. Z. 50 ff.)
- Dies hat dazu geführt, dass sie vor ihrem alten Leben geflohen ist: „Ich habe alles zerschlagen (…) Habe einen Scherbenhaufen hinterlassen (…)“ (Z. 60). -> spiegelt sich auch in der Beziehung zu ihrer Tochter wider: „Meine geliebte, geplante, verlorene Tochter Britt“ (Z. 98f.), Scheidung etc.
- ist in sich selbst nicht „heimisch“ (Z. 70), beneidet insgeheim Britt (vgl. 19f.)
- fühlt sich Männern unterlegen: „Unterlegenheitsgefühl (…), das mir bereits mit der Muttermilch eingeflößt wurde“ (Z. 92f.) -> Unsicherheit hat ihr ganzes Leben bestimmt
- Sie spricht sehr emotionslos, sachlich über vergangene Dinge oder gegenwärtige Situationen: „Vorher muss ich mir ein Kind wegmachen lassen“ (Z. 66f.) -> Lediglich gegenüber ihrer Tochter spürt man Gefühle (vgl. Z. 95 ff.), sie genießt letztendlich das unverhoffte Auftauchen Britts und zeigt ihre Liebe

c) Interpretation
z.B.