Donnerstag, 25. Oktober 2012

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BRECHT - 
"Wenn man die Lyrik als Ausdruck bezeichnet, muß man wissen, daß eine solche Bezeichnung einseitig ist. Da drücken sich Individuen aus, da drücken sich Klassen aus, da haben Zeitalter ihren Ausdruck gefunden und Leidenschaften, am Ende drückt 'der Mensch schlechthin' sich aus. Wenn die Bankleute sich zueinander ausdrücken oder die Politiker, dann weiß man, daß sie dabei handeln; selbst wenn der Kranke seinen Schmerz ausdrückt, gibt er dem Arzt oder den Umstehenden noch Fingerzeige damit, handelt also auch, aber von den Lyrikern meint man, sie gäben nur noch den reinen Ausdruck, so, daß ihr Handeln eben nur im Ausdrücken besteht und ihre Absicht nur sein kann, sich auszudrücken. Stößt man auf Dokumente, die beweisen, daß der oder jener Lyriker gekämpft hat wie andere Leute, wenn auch in seiner Weise, so sagt man, ja, in dieser Lyrik drücke sich eben der Kampf aus. Man sagt auch, der oder jener Dichter hat Schlimmes erlebt, aber sein Leiden hat einen schönen Ausdruck gefunden, insofern kann man sich bei seinen Leiden bedanken, sie haben etwas zuwege gebracht, sie haben ihn gut ausgedrückt. Als er sie formulierte, hat er seine Leiden verwertet, sie wohl auch zum Teil gemildert. Die Leiden sind vergangen, die Gedichte sind geblieben, sagt man pfiffig und reibt sich die Hände. Aber wie, wenn die Leiden nicht vergangen sind? Wenn sie ebenfalls geblieben sind, wenn nicht für den Mann, der gesungen hat, so doch für die, welche nicht singen können? Aber dann gibt es noch andere Gedichte, die etwa einen Regentag schildern oder ein Tulpenfeld, und sie lesend oder hörend verfällt man in die Stimmung, welche durch Regentage und Tulpenfelder hervorgerufen wird, d.h., selbst wenn man Regentage und Tulpenfelder ohne Stimmung betrachtet, gerät man durch die Gedichte in diese Stimmungen. Damit aber ist man ein besserer Mensch geworden, ein genußfähigerer, feiner empfindender Mensch, und dies wird sich wohl irgendwie und irgendwann und irgendwo zeigen." (S. 310f.)

STAIGER - 
"Der Gegensatz [zwischen Lyrik und Epik] wird aber auch noch in einem anderen Sinne ausgelegt. Der Epiker stelle die Außenwelt, der Lyriker seine Innenwelt dar. Lyrische Dichtung sei innerlich. Was heißt das? Im Epischen besteht, wie sich zeigen wird ein Gegenüber: hier das unbewegte Gemüt des Erzählers, dort das bewegte Geschehen. Was soll aber 'innerlich' besagen? [...] Die Rede von 'innen' und 'außen' entsteht aus der Guckkastenvorstellung vom Wesen des Menschen: Die Seele haust im Körper und läßt durch die Sinne die Außenwelt, zumal durch die Augen die Bilder herein. Sosehr sich heute jedermann gegen diese Vorstellung ereifert, sie wurzelt tief in unserem Geist und läßt sich kaum je ganz überwinden. Der Anblick des Menschen, der vor uns wandelt und körperlich scharf umrissen ist, aus dessen Augen die Seele leuchtet, legt sie uns immer wieder nahe. Und freilich, ganz sinnlos ist sie nicht. Daß wir durch den Körper von der Außenwelt geschieden sind, ist eine Erfahrung, die zu einer bestimmten – der epischen – Stufe gehört. Im Epischen stellt sich der Körper dar. Deshalb gehen uns im epischen Dasein die Dinge als Außenwelt auf. Im lyrischen Dasein gilt das nicht. Da gibt es noch keine Gegenstände. Weil es aber noch keine Gegenstände, noch keine Objekte gibt, gibt es hier auch noch kein Subjekt. Und jetzt erkennen wir den Fehler, der die Begriffsverwirrung verschuldet. Wenn lyrische Dichtung nicht objektiv ist, so darf sie darum doch nicht subjektiv heißen. Und wenn sie nicht Außenwelt darstellt, stellt sie dennoch auch keine Innenwelt dar. Sondern 'innen' und 'außen', 'subjektiv'und 'objektiv' sind in der lyrischen Poesie überhaupt nicht geschieden." (S. 44f.

BENN - 
"Irgend etwas in Ihnen schleudert ein paar Verse heraus oder tastet sich mit ein paar Versen hervor, irgend etwas anderes in Ihnen nimmt diese Verse sofort in die Hand, legt sie in eine Art Beobachtungsapparat, ein Mikroskop, prüft sie, färbt sie, sucht nach pathologischen Stellen. Ist das erste vielleicht naiv, ist das zweite ganz etwas anderes: raffiniert und skeptisch. Ist das erste vielleicht subjektiv, bringt das zweite die objektive Welt heran, es ist das formale, das geistige Prinzip.
Ich verspreche mir nichts davon, tiefsinnig und langwierig über die Form zu sprechen. Form, isoliert, ist ein schwieriger Begriff. Aber die Form ist ja das Gedicht. Die Inhalte eines Gedichtes, sagen wir Trauer, panisches Gefühl, finale Strömungen, die hat ja jeder, das ist der menschliche Bestand, sein Besitz in mehr oder weniger vielfältigem und sublimem Ausmaß, aber Lyrik wird daraus nur, wenn es in eine Form gerät, die diesen Inhalt autochthon macht, ihn trägt, aus ihm mit Worten Faszination macht. Eine isolierte Form, eine Form an sich, gibt es ja gar nicht. Sie ist das Sein, der existentielle Auftrag des Künstlers, sein Ziel." (S. 363f.)
Benn bestimmt das moderne Gedicht als selbstreflexive, monologische Monade, in der die "Artistik" eine zentrale Rolle spiele. Diese sei der "Versuch der Kunst, innerhalb des allgemeinen Verfalls der Inhalte sich selber als Inhalt zu erleben und aus diesem Erlebnis einen Stil zu bilden". (S. 359)

ADORNO - 
"Sie empfinden die Lyrik als ein der Gesellschaft Entgegengesetztes, Individuelles. Ihr Affekt hält daran fest, daß es so bleiben soll, daß der lyrische Ausdruck, gegenständlicher Schwere entronnen, das Bild eines Lebens beschwöre, das frei sei vom Zwang der herrschenden Praxis, der Nützlichkeit, vom Druck der sturen Selbsterhaltung. Diese Forderung an die Lyrik jedoch, die des jungfräulichen Wortes, ist in sich selbst gesellschaftlich. Sie impliziert den Protest gegen einen gesellschaftlichen Zustand, den jeder Einzelne als sich feindlich, fremd, kalt, bedrückend erfährt, und negativ prägt der Zustand dem Gebilde sich ein: je schwerer er lastet, desto unnachgiebiger widersteht ihm das Gebilde, indem es keinem Heteronomen sich beugt und sich gänzlich nach dem je eigenen Gesetz konstituiert. Sein Abstand vom bloßen Dasein wird zum Maß von dessen Falschem und Schlechtem. Im Protest dagegen spricht das Gedicht den Traum einer Welt aus, in der es anders wäre. Die Idiosynkrasie des lyrischen Geistes gegen die Übergewalt der Dinge ist eine Reaktionsform auf die Verdinglichung der Welt, der Herrschaft von Waren über Menschen, die seit Beginn der Neuzeit sich ausgebreitet, seit der industriellen Revolution zur herrschenden Gewalt des Lebens sich entfaltet hat." (S. 51f.)


Schüler-Lösungsvorschlag Sprachanalyse 

Dem Autor geht es darum, das Verhalten der heutigen Wintersportler zu kritisieren. Zu diesem Zweck baut er einen Gegensatz zwischen der Einstellung der Wintersportler von früher und von heute auf. Das heutige Verhalten wertet er klar ab. Es ist seiner Ansicht nach zu sehr von Hektik, Technik- und Eventorientierung geprägt. Zudem zieht er die Dummheit der heutigen Wintersportler ins Lächerliche.
Der Autor sieht die Haltung der Wintersportler von früher in einem positiven Licht, weil Gemütlichkeit und Naturverbundenheit im Mittelpunkt des Wintersports standen. Der Autor veranschaulicht dies mit dem Bild, dass der Skifahrer früher „an jeder Kuppe [stoppte], um die Bergkulisse zu genießen“ (Z. 24-26). Darüber hinaus setzt er verschiedene sprachliche Mittel ein, um seine Absicht zu veranschaulichen, so z.B. Dialektsprache in den Zeilen 17-18: „Zwoa Brettl und a gführiger Schnää“. Mit diesem Anfang eines alten volkstümlichen Liedes wird dem Leser das Schunkeln und die Gemütlichkeit in der einfachen Hütte, aber auch die mit der Verbundenheit mit der Natur verknüpfte Besinnlichkeit bildlich dargestellt: der Einzelne ist alleine mit seinen „zwei Bretteln“ auf dem „gführigen Schnää“. Um seine Absicht zu verdeutlichen, benutzt der Autor zudem die Metapher „Alpen-Anbeter“ (Z. 17). „Anbeter“ sind normalerweise Menschen, die eine Gottheit verehren, die über ihnen steht. Dieses Bild möchte der Autor auch auf die Wintersportler früher übertragen. „Alpen-Anbeter“ bewundern statt der Gottheit die Berge, vor denen sie Ehrfurcht und Respekt haben und sie auch so „behandeln“. Sie sind überwältigt von den Schönheiten der Natur. Die gleichen Assoziationen ruft die Anspielung auf den alten Bergfilm „Der Berg ruft“ (Z. 44) mit Luis Trenker hervor. Auch die Akkumulation in den Zeilen 21-25 veranschaulicht die „Abgeschiedenheit“ (Z. 19/20) und Naturverbundenheit der Wintersportler von früher. Die Metapher „verbogene Zaunlatten“ (Z. 23) macht deutlich, dass die Skier damals relativ einfach aus Holz hergestellt wurden und nicht viel gekostet haben. Dennoch war mit ihnen ein unvergleichliches Naturerlebnis verbunden.
Im Gegensatz dazu erscheint das Verhalten der vielen Wintersportler von heute in einem negativen Licht. Für den Autor ist es gekennzeichnet von Hektik, Technik- und Eventorientierung. Seiner Ansicht nach steht der „Pistenkick“ (Z. 19) im Vordergrund. Durch die Akkumulation in den Zeilen 32-36 unterstreicht er die Hektik im Wintersport von heute. Er stellt dar, wie anstrengend ein Wintersport-Massenbetrieb mit „Sechser-Doppel-Sessellift[en]“ (Z. 33) ist: Adjektive veranschaulichen, dass man nach möglichst vielen Abfahrten „schnell noch“ (Z. 37) etwas essen muss, bevor es dann „höchste Zeit“ (Z. 45) ist für die letzte Abfahrt. Auch der Parallelismus in den Zeilen 9 und 10 „Rauf …, rein …“ verstärkt diesen Eindruck von Hektik.
Die Technikorientierung wird veranschaulicht durch die Akkumulation in den Zeilen 2 – 5, in denen die verschiedenen technischen Details heutiger Wintersportgeräte in einer Fachsprache detailliert beschrieben werden, wie beispielsweise „dreifach gehärtetes Glasfiber“ (Z. 3) oder „optimales Kurvenverhalten“ (Z. 6). Die Fachwörter, z.B. der „gepolsterte[..] Hyper-Carbon-Kern“ (Z. 51), wirken übertrieben. Der Autor will damit die Fixierung auf neueste Ausstattungsmerkmale herausstellen. Weitere Hyperbeln unterstreichen diese Wirkung, z.B. in den Zeilen 33 und 34 das „Super-Board mit dem geilen Design“. Wenn man „in“ sein will, braucht man die neueste Ausrüstung. Dabei geht es neben den allerneuesten technischen Einzelheiten um das Äußere, wie der Autor mit der „24-Karat-Gold-Oberfläche“ (Z. 11) demonstriert.

Durch die Verwendung der Ellipse „Heute dagegen: Echt was los“ (Z. 31/32) stellt der Autor die Eventorientierung heraus. Neben dem Wintersport will der heutige Snowboarder beispielsweise „anstoßen mit Prosecco und ein paar lässigen Mädels“ (Z. 39-41). Die gleiche Absicht hat der Verfasser, wenn er auf den Hit „Hey baby“ in der Überschrift von DJ-Ötzi anspielt, der oftmals neben anderen „neuesten Kracher[n]“ (Z. 39) vor den „Alpen-Bistros“ (Z. 37) in den überfüllten Wintersportgebieten gespielt wird und damit das ganze Liftgebiet „beschallt“ (Z. 39). Durch die Verwendung der Modesprache in den Zeilen 37 und 38 „Kai’s Alpen-Bistro“ und „DJ-Ötzi“ wird verdeutlicht, dass es selbst beim Skifahren wichtig ist, den neuesten Hit zu hören und in einem modernen „Bistro“ anstatt einer einfachen Hütte zu „speisen“. Die Verwendung des Namens „Kai“, einem norddeutschen Namen, symbolisiert dabei die Abwendung von umweltverträglichem, bodenständigem Wintersport hin zu einem umweltschädigenden, kommerzialisierten und eventorientierten Massenbetrieb, der an sich nicht in die Bergregionen der Alpen passt.
Der Autor belässt es nicht dabei, einen Gegensatz zwischen dem Wintersport von früher und heute aufzubauen. Er wertet nicht nur das heutige Verhalten ab. Er macht sich zudem über die jugendlichen Wintersportler lustig und stellt sie als dumm dar. Dies zeigt sich besonders an der häufigen Verwendung von Jugendsprache wie z.B. „ziemlich abgefahrenes Teil“ (Z. 1), „Rauf … Rein“ (Z. 9), „Freaks“ (Z. 13) „ätzende Zeiten (Z. 15), „echt was los“ (Z. 31/32) „Rauf- und runtergebolzt“ (Z. 36), „absoluter Hype“ (Z. 46) und „aufgeschmissen (Z. 52). Der Autor will damit hervorheben, dass sich die jugendlichen Wintersportler eine eigene Sprache geschaffen haben, um sich von älteren Skifahrern abzugrenzen. Dabei können sie sich nicht einmal mehr grammatikalisch und sprachlich richtig ausdrücken. Die Verkürzung der Sprache sollen auch die Ellipsen „Nur fliegen ist schöner“ (Z. 10), „und der absolute Clou: Die 24-Karat-Gold-Oberfläche“ (Z. 11) und in Zeile 31 zeigen. Als durchgängiges, sich durch die gesamte Glosse ziehendes Stilmittel verwendet der Autor Ironie. So macht er sich in den Zeilen 52-55: „sonst hätten wir glatt den Autobahn-Stau auf der Heimfahrt verpasst“ lustig über die mit dem massenhaften Ski- und Snowboardfahren verbundene sinnlose Hektik und Umweltverschmutzung.




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